Neue Investitionschancen – Investoren sollten den deutschen Immobilienmarkt nie ohne Europa sehen. Die Folgen der Finanz- und Staatsschuldenkrise prägen weiter die Marktbedingungen hier und in europäischen Städten.

Historisch niedrige Zinsen sorgen für anhaltend großes Interesse an Immobilien und in der Folge für steigende Preise. Neue politische Entwicklungen wie der Brexit zeigen zusätzlich ihre Wirkung. Dazu kommen gesellschaftliche Entwicklungen: der demografische Wandel, die fortschreitende Urbanisierung, ein Wertewandel hin zu mehr Umweltschutz und Nachhaltigkeit sowie die digitale Transformation bis hin zu neuen Anforderungen an Mobilität, denen Gebäude und Städte langfristig Rechnung tragen müssen.

Die Bedeutung von Immobilien wird größer, die Investitionschancen werden knapper. Dadurch geraten von Investoren bislang vernachlässigte Assetklassen sowie Immobilien abseits der Stadtzentren wieder mehr in den Fokus.

Unterhaltungslocation

Das Konsumklima in Deutschland ist unverändert hoch. Die Exportstärke unseres Landes sichert uns (noch) stabile Arbeitsplätze und relativ hohe Einkommen. Ihr Geld geben die Deutschen auch gerne aus, wenn sie hören, wie unsicher die internationale Lage ist und wie gering die Zinsen für ihr Erspartes sind. Entsprechend gut geht es dem Einzelhandel, was sich im Anmietungs- und Expansionsverhalten widerspiegelt.

Im ersten Halbjahr 2017 fanden bundesweit 246 900 qm Ladenfläche neue Nutzer, 10 000 qm mehr als 2016. Internationale Markenkonzerne mieteten etwas mehr als die Hälfte der Handelsimmobilien an (53 %). In Toplagen steigen die Mieten nach Aussagen internationaler Makler noch. In Münchens Luxuslagen zahlen Einzelhändler derzeit 360 Euro pro qm und Monat, in Berlin 330 Euro und in Frankfurt am Main 310 Euro. Doch schon in zweiter Reihe lassen Attraktivität und Preisniveau in den meisten deutschen Städten deutlich nach.

In Bezug auf die am stärksten vertretenen Branchen finden Verschiebungen statt, die sich vor allem mit dem Vormarsch des Onlinehandels erklären lassen: In der Textilbranche sinkt die Flächennachfrage, dagegen zeigen die Gastronomie sowie Gesundheits- und Beauty-Shops mehr Interesse. Der Grund: Die Kunden suchen im stationären Handel Events, Unterhaltung, Kommunikation und Erlebnisse – all jene Komponenten des Einkaufens, die ihnen eine Shoppingtour durchs Internet nicht bieten kann.

Investitionschancen – Größerer Aufwand nötig

Assetmanager und Eigentümer von Shoppingcenter-Flächen wollen auf den Trendwechsel reagieren. Allerdings ist es mit einem größeren Aufwand verbunden, schlecht vermietete Retailflächen durch Gastronomiekonzepte zu ersetzen: Massive Eingriffe in die Flächen- und Technikgegebenheiten der Immobilien sind nötig. Eine Alternative gibt es jedoch nicht.

Viele deutsche Einkaufszentren sind auf diesen Paradigmenwechsel nicht vorbereitet. Der Modernisierungsstau ist ohnehin groß, viele Gebäude und Konzepte sind überaltert. Das hält neue, internationale Unternehmen von einem Markteintritt in Deutschland ab, und etablierte Markenkonzerne legen ihre Expansionspläne für kleinere und mittelgroße deutsche Städte auf Eis. Eine Zunahme des Leerstands ist unvermeidbar. Den Innenstädten vieler kleinerer Kommunen droht die Verödung. Factory Outlet Center (FOC) sollen abfließende Kaufkraft in einigen Städten “zurückholen” – ob das gelingen kann, wird kontrovers diskutiert.

Shopping und Erlebnis

Als Anlageklasse sind modern ausgerichtete und damit gut positionierte Einzelhandelsimmobilien wie Shoppingcenter und Geschäftshäuser unverändert stark nachgefragt, die Renditen stehen aufgrund der hohen Preise in Toplagen aber unter Druck. Fachmarktzentren stehen ebenfalls noch hoch im Kurs, auch wenn sich eine Trendwende abzeichnet. Die besten Aussichten haben daher hybride Center, die Shopping mit Erlebnis kombinieren. Textilmarken werden sich darin mit kleineren Flächen einmieten.

Nicht nur die Industrie, sondern auch Dienstleister profitieren von der guten deutschen Konjunktur. Ein Großteil der Unternehmen plant die Expansion oder Optimierung ihrer Büroflächen. Als Anlageklasse sind Büroimmobilien entsprechend attraktiv: Allein im ersten Halbjahr 2017 flossen 42 % der 12,6 Mrd. Euro, die insgesamt in deutsche Gewerbeimmobilien investiert wurden, in Bürogebäude.

Bei der Entscheidung für ein neues Büro geht es in Zeiten von Fachkräftemangel und Digitalisierung heute um Raumaufteilungen, die aktiv Kommunikation fördern und flexibles Arbeiten ermöglichen. Wichtig ist auch eine moderne technische Ausstattung, zum Beispiel eine schnelle Internetleitung. Lage, Design und eine gute Erreichbarkeit mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln locken Fachkräfte an.

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