“In den ersten drei Quartalen 2017 stieg der Investmentumsatz in Gewerbeimmobilien um 20 Prozent auf 39,5 Milliarden Euro. Der Boom setzt sich also unvermindert fort”, skizzierte Piotr Bienkowski, CEO von BNP Paribas Real Estate (BNPPRE), im Rahmen eines Pressegesprächs die Situation auf dem deutschen Investmentmarkt. Sollten externe Schocks ausbleiben, werde sich diese Entwicklung auch 2018 fortsetzen.

Ein Anstieg der Zinsen werde, wenn er in den kommenden beiden Jahren überhaupt komme, moderat ausfallen und daher keine dramatischen Folgen für die Immobilienmärkte nach sich ziehen, so Bienkowski.

Geringste Dynamik im Retailbereich

Die deutschen Investmentmärkte zeigten sich dem BNPPRE-Chef zufolge bislang auch unbeeindruckt von potenziellen Störfeuern wie politischen Entwicklungen oder internationalen Krisenherden. Die dynamische Entwicklung spiegle sich in allen Marktsegmenten und Nutzungsarten wider. Treiber seien der stabile Konsum, die kontinuierlich wachsenden Übernachtungszahlen und die Sicherheit und Stabilität Deutschlands. Die geringste Dynamik weise der Retailbereich auf.

Einen wesentlichen Grund für das starke Engagement der Investoren sah Bienkowski in den absehbaren Mietsteigerungspotenzialen aufgrund des weiterhin äußerst knappen Angebots. Diese Erwartung betreffe nicht nur die A-Standorte, sondern auch viele B-Destinationen.

“Investor’s Darling bleiben mit 16,8 Milliarden Euro weiterhin Büroobjekte, gefolgt von Einzelhandelsimmobilien mit 8,52 Milliarden Euro”, sagte Bienkowski.

Investoren werden lockerer

“Die hohe Risikoaversität der Investoren hat sich gelockert. Leerstände oder kurze Mietvertragslaufzeiten werden heute eher als Chance gesehen”, so die Beobachtung von BNPPRE-Geschäftsführer Andreas Völker. Parallel dazu steige die Bereitschaft der Projektentwickler, beispielsweise im Bürobereich spekulativ zu bauen.

“Wir sehen auch wieder einen Anstieg der Leverages, allerdings nicht mehr auf dem Niveau von 2007”, führte Bienkowski aus.
Dies sei zum Teil der umfangreichen Beteiligung ausländischer Investoren geschuldet. Ihr Anteil am gesamten Investmentumsatz habe mit aktuell 47 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum wieder deutlich zugelegt. Angesichts der hohen Preise von Core-Immobilien liebäugelten jedoch auch traditionell auf Eigenkapital setzende Investoren damit, einen Teil – meist nicht mehr als 20 Prozent des Investitionsvolumens – durch Fremdfinanzierungen aufzubringen.

Investmentumsatz – Im Einzelhandel fehlt das Angebot

“Im Einzelhandel findet ein Transformationsprozess statt”, erläuterte Christoph Scharf, Head of Retail Services bei BNPPRE. Die Nutzer forderten vermehrt kurzfristige Mietvertragslaufzeiten.
Für viele Investoren sei diese Kurzfristigkeit schwierig abzubilden. Den Spitzenrenditen in den 1A-Lagen bestätigte er jedoch auch künftig Stabilität. Es werde viel Schwarzmalerei betrieben, aber es gebe zahlreiche internationale Konzepte, die auf den deutschen Markt drängten. Zudem verlagere sich die Nachfrage von großen hin zu kleineren Flächen. “Gefördert wird der Einzelhandel zudem vom steigenden Tourismus”, ergänzte Bienkowski.

“Trotz Online-Handel besteht bei den Kunden der Wunsch, sich zu treffen und den Einkauf als Event zu genießen”, führte Völker aus.
“Die Branche lebt davon, sich neu zu erfinden”, sagte Bienkowski. Daher nähmen die Refurbishments und Neupositionierungen von Shopping-Centern zu und neue Formate wie eine Kombination von Shopping-Center, Kino und Food-Court entstünden.

Top-6-Städte als Wachstumstreiber

“Die großen deutschen Standorte Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln und München haben mit 19,6 Milliarden Euro ihr Vorjahresergebnis um 22 Prozent überboten”, stellte Wolfgang Schneider, Head of Research bei BNPPRE, fest.

Investmentumsatz – Knapp die Hälfte des bundesweiten Transaktionsvolumens sei damit in diesen Metropolen umgesetzt worden. Unangefochtener Spitzenreiter sei Berlin, dessen Investitionsvolumen um 62 Prozent auf knapp sechs Milliarden Euro zugelegt habe. Ein einheitliches Bild zeige sich auch im Hinblick auf die Spitzenmieten für Büroobjekte, die in allen großen Städten erneut gesunken seien. Den niedrigsten Wert weist mit drei Prozent Berlin auf, gefolgt von München mit 3,10 Prozent.

Der Wettbewerb bleibe hoch, sodass viel dafür spreche, dass im Laufe des Jahres die Drei-Prozent-Rendite-Schwelle noch unterschritten werden könne.

Projektentwickler setzen auf Wohnimmobilien

“Der Markt für den Handel mit größeren Wohnungsbeständen boomt”, sagte Andreas Quint, Head of Corporate Finance and Portfolio Transactions bei BNPPRE.
Auch wenn mit über 50 Prozent nach wie vor das Gros des Umsatzes auf Bestandsportfolios entfalle, steige der Anteil der Projektentwicklungen. Mit knapp 2,7 Milliarden Euro seien nahezu 30 Prozent mehr in Neubauprojekte investiert worden als im Vorjahr.

Gefördert werde der Run auf das Wohnsegment auch von der Demografie und dem Trend zur Urbanisierung, der in den Ballungsräumen die Leerstände gegen null senke und die Mieten steigen lasse. Vervielfältiger von 30 für Portfolios und 40 für Einzeltransaktionen seien keine Ausnahme mehr.

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